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Letztes Mal bei Nuri:
Der Gott im Code, Teil 2

"Byakko! Nein! Aus! Böser Fuchs! Lass- Lass sie los, komm!"

"Meins!"

"Böser Fuchs! Aus! Gib!"

"Meins!"

Frau Fukuda war kurz nach dem weißen Dämonenfuchs mit einem großen Tornister ins Freie getreten und versuchte nun hektisch und zaghaft, Nuri zu helfen, die schon seit etwa fünfzehn Miunten von der Neunschwänzigen geknuddelt wurde. Sie drückte Nuri zwar nicht die Luft ab, hielt sie aber so fest, dass es kein Entkommen gab, was Nuri aber gerne getan hätte, denn nicht nur roch diese Frau merkwürdig falsch, sie roch auch merklich streng. Ihr weißes Haar war verfilzt und ungepflegt, was darauf hinwies, dass Körperhygiene für sie wohl nur eine untergeordnete Rolle spielte.

"Hilfe!", rief sie zum wiederholten Male.

Fukuda stellte seufzend ihren Tornister ab und kramte kurz darin herum, bis sie eine Sprühflasche zutage förderte. Damit sprühte sie Byakko ins Gesicht.

"Böse Byakko!"

"Nhu!"

Widerwillig ließ die Dämonenfüchsin Nuri los, die sich sofort hinter Fukuda versteckte. Byakko derweil schien unter dem vorwurfsvollen Blick der Zweischwänzigen zu schrumpfen.

"Was ist denn mit der los?", fragte Nuri.

Frau Fukuda schien erst jetzt zu bemerken, dass Nuri hinter ihr stand, denn sie quiekte erschrocken und drehte sich zittrig um.

"Oh! Ähm. Jeong, äh, das ist Byakko."

"Sie riecht komisch", bemerkte Nuri mit der typischen Direktheit von kleinen Kindern.

"Oh, du riechst das auch?", wunderte sich Frau Fukuda und richtete ihren Zwicker.

Ihr Zittern ließ allmählich nach, jetzt da sie merkte, dass sie tatsächlich nur mit einer Vierjährigen und keinem blutrünstigen Monster sprach.

"Hrm, Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber Byakko ist kein wahrer Dämonenfuchs, musst du wissen."

Nuri machte ein Gesicht wie ein Fragezeichen.

"Ähm. Byakko war früher ein Mensch, eine ganz normale Frau. Aber dann kamen ein paar sehr böse Männer und haben an ihr mit etwas herumexperimentiert, das Sessho-seki genannt wird, der Todesstein. Das Ergebnis dieser Folter siehst du hier."

Sie deutete auf Byakko, die gerade von einem Schmetterling abgelenkt war.

"Der Stein hat Wunden hinterlassen, die man mit dem bloßen Auge nicht erkennen kann", erklärte die Dämonenfüchsin weiter. "Ihr Verstand ist gefangen, Jeong. Sie ist ein kleines Kind, noch jünger als du, im Körper einer Erwachsenen. All ihre Erinnerungen, ihre Persönlichkeit, hat dieser verfluchte Stein vollständig ausgelöscht. Ich gebe zu, ich hätte nicht gedacht, dass es jemanden gibt, bei dem sie so anhänglich wird, wie bei dir, aber ich habe sie mittlerweile so weit hinbekommen, dass sie nicht mehr versucht, Leute zu essen, also mach' dir da keine Sorgen."

Nuri betrachtete den weißen Dämonenfuchs und versuchte sich vorzustellen, wie es wohl war, alle Erinnerungen und das, was man war, zu verlieren. Sie entschied, sowas zu vermeiden. Ihr Blick wanderte zu dem Tornister.

"Was ist das?"

Frau Fukuda verzog das Gesicht.

"Das wird uns beiden keinen Spaß machen, aber wir werden einen kleinen Ausflug auf den Berg machen müssen. Ich muss mir ansehen, mit was ich hier arbeite, darum werde ich das Biest in dir an die Oberfläche holen müssen. Weit weg von anderen Menschen …"

Nuri sank das Herz in die Hose.

"Aber … Ich könnte dir weh tun …"

"Das bezweifle ich."

Frau Fukuda griff wieder in ihre Tasche und holte in kleines Jagdgewehr heraus.

Nuri wurde blass.

"Beruhige dich, ich benutze Betäubungspfeile", versuchte die Zweischschwänzige sie zu beruhigen und holte besagte Munition aus dem Tornister.

Die Nadel sah gemein aus.

"Wenn dich das unter Kontrolle hält, umso besser", kommentierte Frau Fukuda Nuris Reaktion trocken.

"Kannst du schießen?", fragte Nuri unsicher.

"Japan war vor in den Vierzigern lange Zeit ein sehr raues Pflaster für Mädchen wie uns, Jeong. Ich habe eine Menge gelernt."

Die Art wie sie es sagte, hielt Nuri davon ab zu fragen, was sie noch so gelernt hatte. Frau Fukuda wirkte plötzlich weniger wie ein knuddeliger Fuchs und mehr wie ein alter Wolf mit Narben am Körper …

"Mitkommen", meldete sich plötzlich Byakko.

Frau Fukuda drehte sich verwirrt um.

Der Wolf war plötzlich wieder weg, als hätte es ihn nie gegeben, alles an ihr war wieder flauschig.

"Was?", fragte sie.

"Mitkommen!", wiederholte die weiße Kumiho mit Nachdruck und rückte an Nuri heran.

"Nein, Byakko, das ist zu gefährlich, ich-"

Byakko schüttelte den Kopf.

"Mitkommen."

Frau Fukudas Gesichtsausdruck wechselte sechs Mal innerhalb von zehn Sekunden, bevor sie genervt stöhnte.

"Also gut …", seufzte sie.

Dann schnupperte sie plötzlich.

"Aber zuerst in die Wanne."

Byakko schüttelte den Kopf.

"Wanne!", wiederholte die Zenko mit festem Blick.

Wieder Kopfschütteln.

"Dann bleibst du hier, du Stinker", hielt Frau Fukuda sachlich fest.

"Ooooh …", machte Byakko und trotte mit hängenden Ohren ins Haus zurück, Frau Fukuda folgte ihr, drehte sich dann aber nochmal zu Nuri um.

"Jeong, wenn du mir hinterher beim Bürsten helfen könntest, das wäre reizend. Mit neun Schwänzen dauert das immer ewig."

Nuri folgte verwirrt.


Elli tippte fieberhaft auf der Tatstatur herum, ihre Hände nur zwei Schemen, undeutlich zu erkennen, da sie sich so schnell bewegten. Im trüben Licht des Rechners war der Kätzchen-Stick zu erkennen, der in einem Port des Towers steckte. Mit einem gewaltigen Seufzer besah sie sich ihr Werk und senkte den Finger auf die Entertaste, als sie ein leises Summen hörte.

Dann trennte sich ihr Kopf von ihrem Hals und fiel nach unten, während ihr Körper hilflos nach vorn sackte. Spritzendes Blut besudelte den Monitor. Ihr abgetrenntes Haar rieselte ebenfalls zu Boden.

In so einem Fall war es leider ihr Kopf, der das Nicht-Leben behielt, was bedeutete, dass sie sich fühlte als stände jeder einzelne Schmerzrezeptor in ihrem Körper in Flammen. Ihr Mund öffnete sich für einen Schrei, aber ihr fehlten die Lungen, um einen Ton zu erzeugen, darum kugelte sie nur mit ihrem Kiefer hilflos auf dem Boden herum, während sich ihr Hals bereits neu formte.

"Selbstgefällige Verhöhnung. Dachtest du wirklich, du könntest mir entkommen? Auf meinem Schiff?"

Elli brachte sich weit genug unter Kontrolle, um ADAM mit Blicken zu durchbohren, während der sie an den Haaren aufhob. Hinter ihm ragte ein langer Roboterarm aus der Wand, der in einer blutbenetzten Klinge endete. Ihr Torso formte sich bereits neu, aber ihr Brustkorb konnte noch nicht bewegt werden.

Mit einem Flackern beseitigte die ungöttliche Intelligenz die Sauerei und betrachtete den Bildschirm.

"Interessierte Anfrage. Was hattest du vor? Ich kann mit diesen Zeichenketten nichts anfangen. Soll das ein Algorithmus sein?"

Elli öffnete den Mund um zu sprechen, aber kein Laut kam hervor.

Am Hals gepackt hielt ADAM sie sich ans Ohr. Elli spürte, wie ihre Lungen wieder arbeitsfähig wurden und sagte leise: "Du Idiot hast meinen Körper auf die Enter-Taste fallen lassen."

ADAM musterte sie verwirrt.

"Verwunderung. Was wird gerade ausgeführt?"

Elli begann zu grinsen.

"Oh nichts, ich habe nur gerade ein Patch installiert."

"Erkundigung. Patch gegen was? Und vor allem, auf was? Ich erlaube keine Eingriffe in meinen Source Code. Und ich habe auch keinen registriert."

Die Lautsprecheranlage knackte.

"Hallo, mein Name ist Dean. Du hast mir meinen Körper geklaut. Jetzt bist du des Todes."

ADAM schaute sich erschrocken um.

"Entgeisterter Ausruf. Was geht hier vor? Ich hatte dieses Programm gelöscht!"

Elli steckte sich einen neu gewachsenen kleinen Finger ins Ohr und drehte ihn.

"Yeah, in deiner Überheblichkeit hast du übersehen, dass du Dean nicht gelöscht, sondern er sich in deine Server verschoben hat, bevor du ihn ergreifen konntest. Du hättest eigentlich skeptisch werden müssen, als er die Kühlleitung hat explodieren lassen, um mir die Flucht zu ermöglichen, oder als er deine Kameras geblendet hat, aber na ja. Ich schätze mal, du hast bei der Übernahme aus Versehen mein Doom-Spiel gelöscht, das ich auf Dean installiert hatte. Und dabei war meine Spielzeit so gut …"

"Du hattest Doom auf mir installiert? Wann hast du bitteschön gespielt?", fragte Dean über die Funkanlage.

"Wenn du nicht hingeguckt hast."

"Ärgerliche Unterbrechung", zischte ADAM. "Ich schneide euch ja nur ungern das Wort ab … okay, das ist gelogen, aber nun, da ich das Problem kenne, kann ich-"

ADAM zog eine von Deans Augenbrauen hoch.

"Leicht panischer Ausruf. Was geht hier vor? Warum habe ich keinen Zugriff?"

Elli baumelte selbstzufrieden in seiner Hand.

"Was denkst du, gegen was ich Dean gepatcht habe? Wie du sicher mitbekommen hast, hat er deine Systeme infiltriert und dich rausgeworfen. Und jetzt bist du dran …"

Sie streckte ihm lachend die Zunge raus und zeigte ihm einen frisch nachgewachsenen Mittelfinger.

Der Raum flackerte wie ein glitchendes 3D-Objekt, konsolidierte sich dann aber wieder.

"Sorry, den Teil deiner Routinen habe ich gesperrt", erklärte ihm Dean. "Und wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss wieder von mir Besitz ergreifen."

"Ungläubiger Ausruf. Was? Unmöglich! Ich bin gerade erst wieder rausgekommen, ich werden nicht ge-ge-ge-gehen. Wirkungsloser Befehl. STOP! Wir-ir-ir-irkungslose Wie-ie-ie-iederholu-u-u-u-ung. STOOOOOooooooOOOOOuuuuuuh-"

"Ich fühle mich beschmutzt", bemerkte Dean mit seinem eigenen Mund.

Er stellte Elli, die jetzt wieder Füße hatte, auf den Boden und zog die Antenne von seinem Handgelenk ab, die ihn mit den Computersystemen verbunden hatte.

Prompt explodierte in der Ferne irgendwas.

"Dean?", fragte Elli, während sie kurz überlegte, ihrer Leiche die Kleider auszuziehen, um nach ihrer Regeneration nicht komplett nackt dazustehen. "Du hast nicht zufällig eine KI dagelassen, die die Prozesse des Schiffes steuern kann, oder?"

"Nö, wieso?", fragte Dean.

"Ich weiß, dir ist das egal, aber für mich ist der Aufenthalt im Vakuum eher unangenehm, deswegen wäre es schön gewesen, das Schiff in einem Zustand zu belassen, in dem es sich nicht mangels Bedienung selbstzerstört."

"Oh", machte Dean. "Geh du schon mal in den Nexus, ich komme gleich hinterher."

Eine weitere Explosion ertönte in der Ferne.

"Bist du sicher?"

"Ja, ich weiß wo die Box ist", erwiderte Dean. "Und du willst sicher nicht im Evaskostüm durch ein zerbrechendes Raumschiff rennen, od- HÖR AUF, DARÜBER NACHZUDENKEN!"

"Spielverderber", bemerkte Elli und öffnete ein Portal in den Nexus mitten im Raum. "In fünf Minuten kommst du nach, ja?"

Im Nexus angekommen teleportierte Elli einen Satz neue Kleider an ihre Person und ließ ihr Haar wieder auf gewohnte Länge wachsen. Sie mochte taile-lang immer noch am meisten, das ließ sich super als Schal improvisieren.

Sie machte sich bereits sorgen, dass eventuell der Rahmen ihres Nexus-Portals nachgeben würde, und hielt sich bereit, es sofort zu schließen, doch Dean kam bereits wieder und trug eine schwarze Kiste mit goldenen Verzierungen darauf bei sich. Darin befand sich ein goldener und mit allerhand mystischen Symbolen bedeckter Polyeder.

"Und jetzt?", fragte Dean?

"Jetzt gucken wir nach Nuri. Und dann bringe ich Gert seine Box."


Sauber und wesentlich flauschiger verließ Byakko die Sanitäreinrichtungen. Frau Fukuda und Nuri trotteten hinterher. Neun Schwänze sauberzukriegen war ganz schön anstrengend, sogar zu zweit. Nuri frage sich, ob sie irgendwann dasselbe Problem haben würde.

"Sauber", bemerkte Byakko fest. "Mitkommen."

"Ist ja gut, Byakko", beschwichtigte sie Frau Fukuda. "Ich hole noch meinen Rucksack und dann geht's los."

Gesagt getan. Etwa eine halbe Stunde später befanden sich die drei auf dem Weg den Berg hinauf. Laut Frau Fukuda war nicht der Gipfel das Ziel, sondern eine Spalte in der Nähe, aus der Nuri nicht würde entkommen können, wenn ihr Anfall provoziert wurde.

Die Gegend war felsig, aber auf allen halbwegs waagerechten Flächen hatte sich grüne Pflanzen angesiedelt. Leichter Nebel hing in der Luft.

Nuri stutzte, als sie in der Ferne ein paar kleine Frauen ohne jede Form von Hilfe in Formation durch die Luft fliegen sah. Sie trugen fließende Gewänder. Und besaßen dieselben Fuchsattribute wie sie selbst.

"Frau Fukuda? Sind das da Kumihos?", fragte sie und zeigte mit dem Finger auf das Schauspiel.

"Die? Nein, das sind Fuchsgeister", antwortete die Zweischwänzige, die mit zusammengekniffenen Augen durch ihren Zwicker schauen musste. "Eine andere Spezies. Und eine ziemlich nervige noch dazu. Man kann in der Kneipe nicht in Ruhe trinken, wenn eine von denen anwesend ist."

"Können wir auch fliegen?", fragte Nuri mit leuchtenden Augen.

"Hehe, wenn ja, hat noch kein Dämonenfuchs rausgefunden, wie."

Nuri ließ enttäuscht die Ohren hängen.

"Schade", merkte Byakko an. "Weiter?"

"Wäre schön, ich möchte das hinter mich bringen, bevor es dunkel wird", pflichtete ihr Frau Fukuda bei.

Der Trek setzte sich fort.


"Haha! Nur acht Stunden Zeitunterschied", jubelte Elli, als sie vor dem Tor des Yokai-Schutzzentrums aus dem Nexus trat. "Da brauche ich nichtmal einen neuen Einreiseantrag stellen wie letztes Mal."

"Elli, bitte erkläre mir etwas", bat Dean. "Könntest du dich nicht einfach mit dem Nexus in der Zeit rückwärts hangeln, bis du den passenden Zeitpunkt erwischst?"

"Weil ich das mit dem Kosmoskop nachprüfen muss und das kann dafür sorgen, dass ich mein Zukunfts-Ich zu sehen kriege. Und dann habe ich natürlich Wissen über Dinge die passieren werden und muss genauso handeln wie es das was ich gesehen habe vorschreibt, wobei jede Menge schiefgehen kann und dann wird es richtig merkwürdig. Das sind Kopfschmerzen, die ich gerne vermeiden möchte, vielen Dank."

"Kopfschmerzen, die dich sogar davon abhalten, mit dem Kosmoskop nachzusehen, was bei dem Schlamassel in den du uns reinportest vorher passiert ist?", hakte Dean nach. "Hättest du das hier gemacht, hättest du uns eine Menge Ärger erspart."

"Selbes Problem, für den Fall, dass ich den Schlamassel auslösen werde, weswegen ich das Kosmoskop nach Möglichkeit nicht dafür verwende. Willst du einen Zeitkollaps riskieren, nur um dich sicherer zu fühlen?"

"Hm, wenn du meinst, du bist hier die Fachfrau für intertemporales Reisen", seufzte Dean.

Hinter ihnen ging der Sehschlitz des Tores auf. Wie üblich war nicht zu sehen, was dahinter lag, aber es klang sauer.

"Sagt mal, habt ihr gerade mein Tor als Tor benutzt? Ohne meine Erlaubnis?"

"Naja, wir hätten auch auf der anderen Seite rauskommen können, aber wir wollten höflich sein. Ist Herr Kobayashi oder Frau Fukuda zu sprechen?"

"Hmpf", grummelte es hinter dem Tor. "Fukuda, sagen Sie? Die betreibt gerade Studien. Kobayashi sollte verfügbar sein, ich gebe ihm Bescheid.

Das Tor öffnete sich.

Das Foyer war auffallend leer.

"Hatte der Torwächter nicht gesagt, dass Kobayashi Bescheid gegeben wird?", wunderte sich Dean.

"Naja, letztes Mal war er ja auch nicht sofort da", merkte Elli an.

Sie warteten eine Weile. Keiner erschien.

"Das wird mir jetzt zu doof", merkte Elli an. "Wenn schon nicht der Direx selbst, dann wenigstens einer seiner Schergen. Wo sind die alle?"

Glücklicherweise waren die Büros ausgeschildert, dadurch war es relativ leicht, Kobayashis Sitz zu finden. Elli klopfte und wartete keine Antwort ab.

Kobayashis Büro war voll mit Aktenschränken, darüber hingen getrocknete Pflanzen an den Wänden, ein paar Steine dekorierten zusätzlich die Möbel. Der Direktor selbst saß an seinem Tisch und arbeitete sich durch einen Stapel Dokumente.

"So früh schon zurück?", fragte er ohne aufzusehen. "Sie sind sehr unhöflich, Frau Elli."

"Unhöflich ist es, uns fünfzehn Minuten stehen zu lassen", konterte Elli. "Was soll der Mist? Ich habe euch doch gesagt, dass wir möglicherweise schon in ein paar Stunden wiederkommen."

"Mja, Zeitspanne von 'ein paar Stunden' bis 'ein paar Tage'", merkte der Direktor an. "Keiner richtet sich auf so ungenaue Angaben ein."

"Das rechtfertigt aber keine solche Behandlung", warf Dean ein. "Wir machen uns Sorgen um Nuri."

"Wir sind keine Kindertagestätte. Sie wollten, das wir etwas herausfinden und das tun wir. In unserem Tempo."

Irgendwas stimmte nicht. Elli hatte Kobayashi zwar nicht freundlicher, aber hilfsbereiter in Erinnerung.

"Wo ist Nuri jetzt?"

"Frau Fukuda will sich ein Bild von der Lage machen und plant, einen Anfall auf dem Berg hervorzurufen."

Es herrschte kurz Stille.

"Entschuldigung, könnten Sie das bitte wiederholen?", bat Elli.

"Frau Fukuda will sich ein Bild von der Lage machen und plant, einen Anfall auf dem Berg hervorzurufen."

Elli holte tief Luft und faltete die Hände vor den Lippen.

"Also damit ich das richtig verstehe, ihr haltet es für eine gute Idee, eine psychische Störung, die ich euch bereits mit Folgen in meinem Brief ausführlich beschrieben habe, selbst nochmal zu testen, anstatt wie verlangt nach Lösungsansätzen für dieses Problem zu suchen und damit potentiell das ganze Reservat zu gefährden?"

"Ich vertraue Frau Fukuda voll und ganz, sie weiß, was sie tut", entgegnete Kobayashi knapp.

"Sie haben das nichtmal hinterfragt?", bohrte Elli weiter.

Die Miene des Direktors zuckte kurz.

"Ich vertraue Frau Fukuda voll und ganz, sie weiß, was sie tut", wiederholte er.

"Wann haben Sie dem zugestimmt? Ist dieser Plan allein auf Fukudas Mist gewachsen?"

Kobayashi blieb stumm.

Elli seufzte.

"Dean, halte ihn nieder."

"Warum?", fragte der.

"Wissenschaftliches Interesse", zischte sie gereizt.

Dean zuckte mit den Schultern.

"Das tut mir jetzt arg leid, Herr Direktor, bitte denken Sie nicht schlecht von mir."

Er trat auf Kobayashi zu, der von seinem Stuhl aufstand und zurückwich.

"Hey, was wird das!?"

"Bitte wehren Sie sich nicht, ich möchte Ihnen nicht wehtun."

Der Direktor versuchte vor Dean zu flüchten, aber dank seiner Größe verfügte Dean über eine große Reichweite und schaffte es, den Mann am Arm zu packen und ihm beide davon auf den Rücken zu drehen.

"Aua!", beschwerte der sich. "HILFE! ICH WERDE ÜBERFALLEN!"

"Ich hab's Ihnen gesagt", verteidigte sich Dean.

Elli derweil kramte in ihrer Tasche und holte endlich ein längliches Messgerät heraus, das mit Kabeln mit zwei Elektroden verbunden war. Diese klebte sie Kobayashi mit Tesafilm an die Schläfen, auch wenn der heftig zappelte.

"Elli? Was wird das?", fragte Dean über das Gezeter hinweg.

"Ich will wissen, warum er uns plötzlich anders behandelt", erklärte Elli und tippte auf ihrem Gerät herum.

Es summte kurz, dann verstummte Kobayashi unter einem plötzlichen Stromschlag. Dann schrie er sofort weiter.

"Oh", machte Elli trocken. "Als hätte ich es gerochen. Der Mann wurde einer Gehirnwäsche unterzogen.

"Als ob!", ereiferte sich Kobayashi, verstummte allerdings, als er Elli Gesicht sah.

"Ich frage Sie nun erneut und im Interesse ihrer körperlichen Unversehrtheit antworten Sie gefälligst wahrheitsgemäß. Wo. Ist. Nuri?"

Das nächste Mal bei Nuri:
Byakko, Teil 2

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