Die Geburt - Sonnenaufgang

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24.07.2007

Mit schweren Schritten patrouillierte ein Wachmann durch die weißen Gänge der psychiatrischen Klinik in █████████. Er lief geradewegs auf eine Sicherheitsschleuse zu, zückte seine Karte und identifizierte sich. "Zugriff gestattet. Willkommen, Randall Gosser." Die Schranke, welche eine verstärkte Glastür aus Panzerglas war, schob sich zur Seite und öffnete den Weg zu den Sektor 4 Zellen. Der Wachmann schlenderte möglichst leise durch den Gang, auch wenn das leise Quietschen seiner Stiefel zu hören war. Es war schon nach Mitternacht und die Insassen müssten allesamt schlafen. Dann bemerkte er allerdings ein Licht, welches unter dem Türspalt einer Zellentür hervorkam. Mit einem leisen Grummeln begab er sich zu besagter Zellentür und schob den Sichtschutz vor dem Zellenfenster weg. Der Insasse dieser Zelle war noch nicht dem Schlaf verfallen: Er stand kerzengerade und mit hinter dem Rücken gefalteten Händen da und schaute aus einem anderen Zellenfenster, welches ihm den Blick auf die Stadt gab, in der sich die Anstalt befand. Der Mann war groß und breit gebaut, hatte eine Glatze mit mehreren Narben, welche auf seinem kahlen Schädel verteilt waren. Er trug wie jeder andere Insasse in der Psychiatrie den normalen, blauen Ganzkörperanzug. "Psst, hey, Kumpel. Wie wär's wenn du jetzt mal schön träumen gehst? 'Ist nähmlich Mitternacht, falls du es nicht gecheckt hast." zischte der Wachmann dem Mann zu. Dieser drehte sich langsam um und schaute dem Wachmann direkt ins Gesicht. "Ja, Mister Gosser. Ich konnte nur nicht schlafen und dachte mir, ich denke etwas über die Welt nach, Sie verstehen schon." antwortete der Mann. Seine Stimme war dunkel, tief, kratzig und irgendwie verrückt. "Jaja klar, jetzt leg dich pennen." brummte der Wachmann und schob den Sichtschutz vor das Fenster. Der Mann legte sich auf sein knarzendes, wie immer weißes Bett und schaute an die wie immer weiße Decke. Dann ließ er seinen Blick durch den ebenfalls weißen, jedoch gepolsterten Raum wandern. Ja, er war in einer Gummizelle. Seit Monaten. Es war schon fast ein halbes Jahr her als man ihn in diese Klinik gesteckt hatte. Die Leute hatten ihn weggesperrt, nur weil er anders dachte als sie. Er redete anders als sie. War anders als sie. Doch die Leute verstanden nicht, was er sagte. Und was Menschen nicht verstehen, fürchten sie. Nun war er in einer weißen Zelle gefangen. Er wurde als Terrorist oder Psychopath bezeichnet, nur weil er Dinge tat, die niemand verstand. Dann legte sich plötzlich ein Lächeln über sein Gesicht. Er wusste, bald würde seine Zeit kommen. Bald würde er aus diesem Gefängnis ausbrechen und die Welt würde seine Nachricht bekommen. Bald würde er endlich den Willen seines Meisters verüben.


09.01.1986

Ein leichter Ruck ging durch den Wagen, als der Bus wieder über ein Schlagloch fuhr. Schon seit mehreren Stunden holperte der Reisebus über die unebenen Straßen der Toskana, in Italien. Die nächste Station war ███████, das Ziel eines Passagiers. Der Mann war ein durschnittlicher Typ, trug eine Brille und hatte eine Halbglatze. Ebenfalls besaß er einen leichten Backenbart sowie einen Schnurbart. Er war elegant und reich gekleidet: der Mann trug einen braunen Anzug, eine schwarze Hose und trug eine goldene Uhr am Handgelenk. Aus seinem Brustfach am Anzug schaute ein Monokel hervor. Neben ihm lag sein schwarzer Zylinder. Das jedoch Auffälligste an ihm waren seine blutroten und mit silbernen Zacken verzierten Schuhe. Der Mann schaute aus dem Fenster und war bereit, endlich das zu tun was er schon vor langer Zeit hätte tun müssen. Der Bus hielt an, der Mann schnappte sich seinen Zylinder und einen braunen Koffer und ging auf die Tür zu. Ihm kam ein warmer Wind entgegen und die Sonne brutzelte auf ihn herab, was ihn jedoch nicht zu stören schien. Zielstrebig ging er auf das Rathaus der kleinen Gemeinde zu, in dem er sich befand. Es war ein kleines Bergdorf in der Nähe von ███████. Der Mann schaute sich um und bemerkte eine Karte. Er wandte sich ihr zu und studierte sie, um das zu finden, was er suchte. "Entschuldigungen Sie, junger Mann. Suchen Sie etwas bestimmtes?" fragte eine ältere Frau. Der Mann drehte sich zu der Einwohnerin um und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. "Tatsächlich schon. Können sie mir sagen, wo der Hügel des Sonnenaufgangs ist?" Die alte Dame schaute etwas verwirrt drein und antwortete: "Sie müssen nur nach da vorne und dann links, dann kommen sie bei der Kirche raus. Von dort noch ein paar Häuser weiter und Sie werden die Dorfgrenze erreichen. Dahinter liegt der Hügel des Sonnenaufgangs." erwiderte die Einwohnerin. "Vielen Dank" sagte der Mann. Er wandte sich gerade ab und marschierte los, als die Frau ihm hinterher rief: "Was genau wollen Sie denn da?" Der Mann drehte sich um und antwortete: "Auf diesem Hügel werde ich meine Kirche bauen."


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